Dann sollten Sie über technisches Knowhow verfügen und zum Beispiel Begriffe wie IPv4 oder IPv6, DNS etc. pp. kennen.
Ich erinnere mich daran, dass ich bei der Eröffnung meines Anwaltsbüros von verschiedensten Dienstleistern Beratungsgespräche “aufgedrängt” erhalten habe. Da war unter anderem ein Verkäufer eines schweizweit bekannten Adressbuchdaten-Brokers (ja, Sie vermuten richtig). Der Verkäufer wollte unbedingt einen Termin und war nicht abzuwimmeln. Mich hat wundergenommen, was das für Leute sind, also haben wir uns in meinem Besprechungszimmer zur “Beratung” getroffen. Es sass ein junger Verkäufer vis-à-vis von mir (ich zähle mich auch noch zu den Jüngeren) und erzählt mir über die spektakulären Möglichkeiten, die sich mir bieten würden, wenn ich bei ihm diese und diese und diese Einträge kaufen würde. Ganz speziell erklärte er, dass das Schalten von Werbung und das Platzieren meines Büros an erster Stelle in der Suchliste sehr bedeutsam sei und sich direkt auf die Klientenakquise auswirke (beides natürlich Quatsch).
Nach einigen Fragen an mich, gab es einige Fragen an den Verkäufer. Ich fragte ihn nach seinem Background. Er sei bei einem grossen Filehoster in der Nähe angestellt gewesen. Welche Ausbildung hat er gemacht? ZHAW Marketing. Er habe aber grosses technisches Wissen. Meine Frage, ob denn sein Anbieter bereits an der Zukunft arbeite, was zum Beispiel das Internetprotokoll angehe. Völlig klar, wir sind top modern. Wie steht es bei Ihnen um IPv6? Haben wir alles implementiert, vorher hatten wir sogar noch kurz IPv5 drauf. Der letzte Teilsatz war der Todesstoss. IPv5 gab es nie produktiv und ist auch nicht als IPv5 bekannt (Version History zum Internetprotokoll, Internet Stream Protocol). Das wüsste man, wenn man sich auch nur im Ansatz damit beschäftigt hätte.
Und als ob es nicht schon genug wäre, doppelt er noch nach: Er loggt sich mit seinem Laptop auf der Adressbuchplattform ein und zeigt mir ein Profil und die Administrationsumgebung eines Berufskollegen mit sämtlichen Details. Voller Freude erklärt er alle Funktionen und die Profileinstellungen. Nach dem Todesstoss also auch noch eine Todsünde: Geschwätzigkeit über Personendaten von Dritten. Prima vista ist damit DSG 35.I erfüllt und dieses Verhalten hätte mit einer Busse sanktioniert werden müssen. Den betroffenen Berufskollegen habe ich selbstredend über diesen Vorfall orientiert.
Zurück zum eigentlichen Thema: Warum sollte ein Jurist, der sich in der Infosec bewegt oder Hackerfälle betreut, technisches Knowhow haben? Damit ihm, salopp gesagt, kein Käse aufgetischt werden kann. Damit das Gespräch mit dem Klienten, dem Techniker oder einem Hacker effizient gestaltet werden kann. Damit die Aussagen in Gutachten, Polizeiberichten oder forensischen Rapporten geprüft werden können. Eigentlich, damit man von dem, was man tut, auch etwas versteht.
Sich das entsprechende Wissen anzueignen, ist enorm zeitaufwändig. Ich persönlich beschäftigte mich von klein auf mit Computern. Meine ersten Programme habe ich vermutlich mit 8 Jahren in GW-BASIC geschrieben, auf einem 8086er mit einem MS-DOS, das man per 5–1/4″-Floppy-Disk laden musste. Danach sind die diversen Windows-Versionen gefolgt sowie unterschiedliche Linux-Distributionen. Und man muss dranbleiben, weil man ohne Repetition das Wissen gleich wieder verliert. Als Jurist ist man schliesslich mehr am Schreiben als am Netzwerkarchitekturen aufbauen. Wenn man mit Fällen ausgelastet ist, kann das Dranbleiben ein schwieriges Unterfangen sein.
Wer in IPv4 und IPv6 einsteigen oder sein Wissen wieder einmal auffrischen will, dem empfehle ich folgende zwei Podcasts (etwas Grundwissen ist vorausgesetzt):
In einem lockeren Gespräch führt der versierte Moderator (Tim Pritlove, metaebene.) zusammen mit einem Crack aus dem Gebiet durch die Sendung. Die beiden Podcasts sind schon etwas älter, die Themen und der Inhalt aber nach wie vor aktuell.
Die Podcasts können Sie gemütlich auf dem Arbeitsweg hören. Es lohnt sich.
Rechtsanwalt Roman Kost ist Spezialist für Informationssicherheit und Datenschutz. Als Anwalt vertritt er Sie unter anderem im Bereich des Hackerstrafrechts, sämtlichen Belangen der IT und der Informationssicherheit sowie des Datenschutzes.
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