Immobilienscams sind altbekannt. Manchmal sind die Täter subtiler am Werk, manchmal weniger. Sind gefälschte Webseiten mit passenden Telefonnummern und Mailadressen sowie eine gute Story und etwas Charisma im Spiel, dann ist man in die Fänge von Profis geraten.
Am Anfang steht oft ein erster Kontakt per Telefon. Dank einem ersten Gespräch per Telefon wissen die Täter schon, mit wem sie es zu tun haben. Sie schätzen blitzschnell die Lage ein: Spricht das Opfer klar oder etwas langsam? Macht es einen geschäftserfahrenen Eindruck oder nicht? Benutzt das Opfer Fachausdrücke und wenn ja, benutzt es sie richtig? Spricht es viel und gerne oder ist es wortkarg? Muss man dem Opfer schmeicheln oder dominant auftreten? Hat das Opfer Hilfe im Hintergrund oder versucht es sich selbst durchzuwursteln, um Kosten zu sparen? So ein Fall ist kürzlich an mich herangetragen worden.
Mit einem selbsterstellten Inserat (Fotos aus den Privaträumen und selbstverfasstem Text) wollte Herr X.* eine Immobilie verkaufen. Unter einer grossen Anzahl professioneller Immobilienmakler, die wegen dem eher amateurhaften Vorgehen ein Mandat witterten, waren auch eine Hand voll ernsthafte Interessenten. Und unter jenen, die sich ganz besonders interessierten, fand sich auch die “Familie Lasmann”. So jedenfalls stellte sich die Anruferin vor. Sie heisse Illana Lasmann und rufe für ihren Vater an.
Im Sog einer Betrügerstory
Innerhalb einer Woche kam es zu diversen Telefonaten und einem regen Austausch. Illana hat sich den Gesprächsinhalt offenbar jeweils gemerkt und hat gekonnt daran angeknüpft. Beim ersten Gespräch hat sie nur auf das Inserat im Internet verwiesen. Sie sagte, sie rufe für ihren Vater an, einen jüdischen Diamantenhändler in Jerusalem. Das Geschäft laufe sehr gut und man habe Geld, das man investieren wolle. Passend dazu hatte die benutzte Telefonnummer die Ortsvorwahl von Jerusalem (für Herrn X. war es einfach eine Nummer aus dem Ausland). Die Familie von Illana sei zwar in Jerusalem domiziliert, habe jedoch gute Verbindungen in die Schweiz. Der Vater wolle in der Schweiz investieren, aber nicht spekulativ, sondern nur damit man dort etwas Festes, Seriöses habe. Die Tatsache, dass die Immobilie vermietet ist, sei sehr positiv, wichtig sei aber eigentlich nur, dass man nicht rückwärts mache. Das Gespräch wurde dann auf weiter zurückliegende Immobiliengeschäfte gelenkt und durch geschicktes Fragen hat Illana Herrn X. zu immer weiteren Angaben bewegt. Es entstand ein Vertrauen. Am Ende hatte Herr X. den Eindruck, Illana sei von einem früheren Geschäftspartner empfohlen worden.
Man tauscht die Emailadressen aus: info @ jerusalem-diamond.com. Illana sagt, alles Wichtige finde man auf der Homepage.
Herr X. schreibt Illana, dass man für die weiteren Geschäftsverhandlungen doch bitte mit seinem Anwalt Kontakt aufnehmen solle. Der würde auch alles Notarielle regeln. Darauf geht sie nicht ein und bleibt hartnäckig an Herrn X. dran. Sie ruft am nächsten Tag nochmals an und bekräftigt, dass ihr Vater wirklich Interesse habe. Herr X. bittet nochmals um die genaueren Personalangaben, dann könnte ein erster Vertragsentwurf erstellt und per Post zugeschickt werden. Illana erklärt, dass die Unterlagen am besten auf die Mailadresse geschickt werden sollen. Man sei sehr interessiert und würde nach einer Verkaufszusage sofort ebenfalls eine verbindliche Zusage ausstellen.
Nach einer Mailanfrage an Illana mit dem Hinweis, dass das Kontaktformular auf der Homepage nicht funktioniere (warum wird sich später noch herausstellen), kommt zügig ein weiteres Telefon. Sie würde die genauen Kontaktangaben umgehend mitteilen, sobald sie die Verkaufszusage erhalten habe und alle Inserate aus dem Internet genommen seien. Sie sagt: “Danach erscheint das vollständige Impressum auf der Webseite”.
Herr X. schreibt per Mail, dass er sich durchaus vorstellen kann, zu verkaufen und Illana schickt ihm (als Reply auf eine ältere Mail) relativ zügig ihre Kaufzusage mit PDF-Formular im Anhang:
Trotz mehrfach geäusserter Bedenken aus dem nahen Umfeld hat die Betrügerin es fertiggebracht, dass Herr X. jedesmal die Bedenken in den Wind schlägt und weiterkommuniziert. Herr X. besass aber die Cleverness, sein Umfeld über die Verkaufsentwicklungen zu orientieren. Er was also nicht allein.
Nachdem ich über die genaueren Umstände orientiert wurde, habe ich die Firma und die Familie Lasmann abgeklärt. Die ganze Sache hat sich bereits recht dubios angehört, aber der Spruch, “Danach erscheint das vollständige Impressum auf der Webseite”, hat den letzten Funken Glaubwürdigkeit zunichte gemacht. Erst die Resultate dieser OSINT-Recherche haben bei Herrn X. dann genug Bedenken erzeugt:
“Jerusalem Diamond Co, Ltd” und die Familie “Lasmann”
Der benutzte Familienname “Lasmann” ist nicht auffällig. Er existiert, er ist nicht extrem üblich oder sehr selten. Gibt man ihn bei verschiedenen Suchmaschinen ein, taucht Unterschiedlichstes auf. Personen mit der benutzten Kombination von Vornamen und Namen lassen sich im Netz vorderhand aber nicht identifizieren. Der Familienname Lasmann, eine Illana oder Elena liess sich nicht innert nützlicher Zeit oder mit angemessenem Aufwand abklären.
Von Betrügern gern benutzt werden ähnlich klingende Namen. Auch hier war es sehr praktisch, dass eine der beiden involvierten Damen Elana hiess und die andere Illana. Weiss die Betrügerin mal nicht mehr von was gesprochen wurde, kann sie sagen, “Ach, das haben Sie wohl mit Elana besprochen, ich bin Illana.”. Damit provoziert man manchmal sogar eine Entschuldigungshaltung beim Opfer, es meint, es habe tatsächlich jemanden verwechselt. Dann lacht man zusammen über den Fehler und das Opfer gerät noch tiefer in die psychologische Falle.
Und wie kommt es, dass Illana von Jerusalem (Vorwahl +00972) aus anruft? Heute wird über VoIP telefoniert. Selbst dann, wenn Sie ein Uralttelefon benutzen würden, das mit zwei Drähten aus der Wand verbunden ist, wird im Hintergrund das Internetprotokoll (IP) benutzt. Im Hintergrund sind auch solche Geräte dann in irgendeiner Form auf einem digitalen Kanal unterwegs. Die Telefonnummer kann je nach Anbieter sogar völlig frei gewählt werden. Auf eine Vorwahl kann man also nicht mehr gehen.
Handelsregisterrecherchen
Ergiebiger war da die juristische Person, die die Betrüger auf ihrer Homepage “Jerusalem Diamond Corporation Co, Ltd” getauft hatten. Beim israelischen Handelsregister war folgender Datensatz verfügbar (Personalien wurden entfernt):
“51[redacted]”, “Jerusalem Diamond Corporation Ltd.”, “JERUSALEM DIAMOND CORPORATION LTD”, “Israelische Privatgesellschaft”, “freiwillig liquidiert”, “in irgendeiner rechtlichen Tätigkeit tätig sein”, “05.12.2010” , “” “,” Israel “,” S[redacted] D[redacted] “,” Israel ”
Zwischenresultat: Eine Unternehmung mit dem Namen ” Jerusalem Diamond Corporation Ltd” wurde im Jahr 2010 freiwillig liquidiert. Heute existiert keine solche Ltd mehr. Für einen angeblich erfolgreichen und aktiv Wirtschaft treibenden Juwelier ist das doch enorm ungewöhnlich. Die Angaben auf der Homepage sind irreführend; sie verstossen mutmasslich gegen israelisches Wettbewerbsrecht und Gesellschaftsrecht. Es gibt also zum angeblichen Zeitpunkt keine juristische Person, die unter diesem Firmennamen rechtmässig einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgegangen ist.
Eine Nachfrage bei der “Hadar-Mall” in Jerusalem (gemäss Webseite sei dort die wunderschöne Filiale) ist bis heute unbeantwortet geblieben. Vielleicht lag es an der Sprachbarriere, vielleicht haben die Zuständigen vor Ort mein Mail auch als verdächtig eingestuft und gelöscht. Ein virtueller Rundgang oder Abfragen bei den offiziellen und inoffiziellen Adressbüchern hat auch keine Resultate gezeitigt. In der Hadar-Mall existiert keine solche Filiale.
Analyse der Betrügerserver: Hosting in Italien
Gehostet wird die Webseite durch einen grossen italienischen Provider. Der DNS Lookup hat Mitte Juni 2019 die IP 62.149.128.74 ergeben; auf diese IP-Adresse sind zu diesem Zeitpunkt 473’254 Domains gemappt. Der Provider Aruba hat auf meine Mailanfrage nicht reagiert. Im Moment eine Einbahnstrasse.
Die Whois-Abfrage hat aufgezeigt, dass die Betrüger contactprivacy.com (Customer 0153378863) benutzen, um ihre Angaben bei den whois-Diensten zu verschleiern:
Abfrage vom 16.06.2019:
Connecting to whois.tucows.com…
WHOIS Server: whois.tucows.com
Registrar URL: http://tucowsdomains.com
Updated Date: 2018-12-04T09:57:09
Creation Date: 2018-12-03T22:27:17
Registrar Registration Expiration Date: 2019-12-03T22:27:17
Registrar: TUCOWS, INC.
Registrar IANA ID: 69
Reseller: Aruba S.p.A. - Servizio Aruba.it
Domain Status: clientTransferProhibited https://icann.org/epp#clientTransferProhibited
Domain Status: clientUpdateProhibited https://icann.org/epp#clientUpdateProhibited
Registry Registrant ID:
Registrant Name: Contact Privacy Inc. Customer 0153378863
Registrant Organization: Contact Privacy Inc. Customer 0153378863
Registrant Street: 96 Mowat Ave
Registrant City: Toronto
Registrant State/Province: ON
Registrant Postal Code: M6K 3M1
Registrant Country: CA
Registrant Phone: +1.4165385457
Registrant Phone Ext:
Registrant Fax:
Registrant Fax Ext:
Registrant Email:
Registry Admin ID:
Admin Name: Contact Privacy Inc. Customer 0153378863
Admin Organization: Contact Privacy Inc. Customer 0153378863
Admin Street: 96 Mowat Ave
Admin City: Toronto
Admin State/Province: ON
Admin Postal Code: M6K 3M1
Admin Country: CA
Admin Phone: +1.4165385457
Admin Phone Ext:
Admin Fax:
Admin Fax Ext:
Admin Email:
Registry Tech ID:
Tech Name: Contact Privacy Inc. Customer 0153378863
Tech Organization: Contact Privacy Inc. Customer 0153378863
Tech Street: 96 Mowat Ave
Tech City: Toronto
Tech State/Province: ON
Tech Postal Code: M6K 3M1
Tech Country: CA
Tech Phone: +1.4165385457
Tech Phone Ext:
Tech Fax:
Tech Fax Ext:
Tech Email:
Name Server: dns2.technorail.com
Name Server: dns.technorail.com
Name Server: dns4.arubadns.cz
Name Server: dns3.arubadns.net
DNSSEC: unsigned
Registrar Abuse Contact Email:
Registrar Abuse Contact Phone: +1.4165350123
URL of the ICANN WHOIS Data Problem Reporting System: http://wdprs.internic.net/
Last update of WHOIS database: 2018-12-04T09:57:09 <<<
"For more information on Whois status codes, please visit https://icann.org/epp"
Registration Service Provider:
Aruba S.p.A. - Servizio Aruba.it,
+39.05750505
+39.0575862000 (fax)
http://www.aruba.it
Supporto tecnico - Technical support - Asistencia tecnica :
http://assistenza.aruba.it
Die Mailkorrespodenz, die von den Betrügern gekommen ist, wurde ebenfalls über italienische Aruba-Server abgewickelt. Auch das ist kein Wunder, denn der Provider bietet klassische Hosting-Pakete an, worin neben Domainname- und Web-Service auch ein Maildienst enthalten ist. Warum sollte ein in Jerusalem ansässiger Juwelier einen italienischen Provider nehmen? Natürlich nicht ausgeschlossen, aber ein Fragezeichen ist durchaus berechtigt.
Vermutlich ganz bewusst haben die Betrüger den Juweliersberuf vorgegaukelt. Mit diesem Beruf schwingt in den Köpfen automatisch das grosse Geld mit. Bei einem gewissen Schlag von Leuten könnte auch schon die Behauptung aus Jerusalem zu stammen und eine jüdische Familie zu sein, den Reflex auslösen, ah die haben sicher Geld wie Heu!
Wir wissen aber alle, dass Religionszugehörigkeit und Nationalität nicht mit Reichtum korrelieren. Es gibt genauso arme jüdische Familien und Israelis, die nicht mit Geld herumschmeissen, wie bei jeder anderen Glaubensrichtung und Nationalität. Die Betrüger spielen da gekonnt mit Vorurteilen. Unterliegt ein Opfer einem solchen Vorurteil, stellt es sich gleich selber eine Falle. Es folgt mit abgeschaltetem Gehirn den einprogrammierten Stereotypen.
jerusalem-diamond.com wurde offenbar schon Anfangs Dezember 2018 registriert. Eine weitere verdächtige Seite Ende Februar 2019. Das beleuchtet etwas die Aktivität dieser Gruppe. Mit intensiverer Suche würden garantiert noch weitere Domains zum Vorschein kommen.
Über den italienischen Hoster mit seinen über 400’000 Webseiten resp. den Betrügerwebserver kommen wir nicht weiter. Also was tun?
Webseiten-Analyse
Wir analysieren einmal die Webseite. Grundsätzlich ist sie professionell aufgebaut. Es fällt aber auf, dass einige Bilder nicht geladen und Platzhalter angezeigt werden. Bei einem professionell bewirtschafteten Internetauftritt ist das eher nicht anzutreffen. Auch das Kontaktformular scheint nicht zu funktionieren; man will als Betrüger ja nicht von Krethi und Plethi ständig kontaktiert werden.
Ein kurzer Blick in den Quellcode fördert interessante Hinweise zu Tage. An diversen Stellen taucht der String “artinian” auf. So wird auch das Stylesheet der Webseite genannt. Die Quellenverweise der Bilder, die nicht geladen wurden, enthalten ebenfalls “artinian” an verschiedensten Stellen. Was ist also Artinian?
Bei Artinian (Archivversion auf der Waybackmachine) handelt es sich um einen in Singapur ansässigen ordentlichen Juwelenhändler; die Namensgebung ist auf die beiden Gründerbrüder zurückzuführen. Die Täter haben ganz einfach die gesamte Webseite von Artinian heruntergeladen und auf dem eigenen Server mit ein paar Abänderungen wieder angeboten.
Vergleichen Sie die Webseite der Betrüger mit jener des Juweliers. Es ist ganz offensichtlich:
Das Logo haben die Betrüger noch mit etwas Aufwand nachgemacht und da und dort den Text etwas angepasst.
Haben Sie in der Galerie die Webseite “gabriel-jewlery.com” bemerkt? Da sind die Betrüger mit der gleichen Masche am Werk. Visit Maison Gabriel Diamonds. Die haben ein und denselben Innenausstatter.
Die Betrügerbande hat sich nicht nur bei Artinian bedient. So schreibt zum Beispiel “santojewels.com” von Kreativität, “synchronisiertem Teamwork” und gelernter Profession (“With perceptive creativity, synchronized teamwork and learned professionalism we conceptualize new design sets and manufacture seasonal jewelry creations for clients.”). Auch die Jerusalem-Diamond-Betrüger haben ein synchronisiertes Team. Es wurde 1:1 der gleiche Text benutzt.
Im Wesentlichen wurde aber Artinian zum Opfer des Websiteclonings. Artinian ist seit 1997 in Bangkok domiziliert (“Based in Bangkok since 1997”), die Betrüger angeblich ebenfalls seit 1997 aber halt einfach in Jerusalem. Es wurden noch weitere Bruchstücke von anderen Webseiten benutzt, die Liste zieht sich hin.
Nun ist auch klar, warum das Kontaktformular nicht funktionierte, das Herr X. benutzen wollte. Es sind zwar die notwendigen HTML-Elemente in der Webseite eingebaut, aber das war’s dann auch schon. Die eingegebenen Daten werden beim Klick auf den Absendenbutton gar nicht verarbeitet. Es fehlen die Skripe dahinter.
Reservationsverträge
Der “Reservationvertrag” resp. die “Kaufzusage” die Herr X. per Mail von den Betrügern bekommen hatte, sah auch nicht sauber aus.
Das PDF wurde aus einem üblichen Textverarbeitungsprogramm heraus als PDF abgespeichert und nicht etwa eingescannt. Sämtliche Elemente sind digital, sogar der Stempel mit der Unterschrift, der wurde offenbar vorher einmal gescannt und dann als Bild eingefügt. Solche Dinge erkennt man, wenn man den Quellcode des PDF betrachtet und manchmal schon von blossem Auge durch reinzoomen in den Teil mit der Unterschrift.
Die Orthografie ist ebenfalls zum Davonlaufen: Bindestriche, wo es sicher keine bräuchte, Kommafehler en Masse, falsche Accent auf den Umlauten etc. pp, mal abgesehen vom komplett unprofessionellen Wording.
Reservierungsvertrag / Kaufabsichtserklärung
[…]
Hiermit gibt der Käufer ein Kaufangebot für das vorgenannte Objekt in Höhe von 1.025.000 Schweizer Franken ( in Worten Eine-Million-Fùnf-Und-Zwanzig-Tausend-Schweizer Franken ab.Bedingungen
Textauszug aus dem “Reservationsvertrag” der “Jerusalem Diamond Co, Ltd”
Maßgebende für die Reservierung ist das Exposé oder ähnliches Material.
1. Das Objekt wurde durch den Verkäufer ausführlich beschrieben, es wurde die Möglichkeit einer Besichtigung eingeräumt. Entsprechende Unterlagen die für eine erste Wertermittlung der Immobilie von Seiten des Bieters für ein Gebot notwendig waren wurden zur Verfügung gestellt. Der Käufer hat diese Möglichkeit mittels eines Immobilien-Wertgutachters genutzt und für gut befunden.
2. Alle Fragen des Käufers wurden durch den Verkäufers Wahrheit und ausschöpfend beantwortet. Der Käufer ist Willens, das Objekt wie beschrieben käuflich zu erwerben.
3. Der Käufer ist bei Rücktritt von seiner Kaufabsicht nach einer schriftlichen Zusage durch den Eigentümer / Verkäufer bereit, dessen Aufwand für die Suche nach einem Käufer zu entschädigen. Hierfür wird eine Pauschalsumme in Höhe von 10 % ( 102.500 CHF ) Des Kaufpreises ( Kaufpreis ( 1.025.000 CHF ) Diese Summe ist innerhalb von 14 Tagen nach Rücktritt von der Kaufabsicht an den Besitzer zu zahlen.
4. Alle persönlichen Daten und Angaben werden vertraulich behandelt
5. Die Notar kosten gehen zu Lasten des Käufers. Es ist in meinem Interesse, sobald alle weitern Fragen geklärt wurden einen Notar Termin in naher Zukunft zu vereinbaren.
Unter Privaten trifft man durchaus “lustige” Formulierungen an; aber für einen angeblichen geschäftserfahrenen Juwelier ist so eine Kaufzusage kaum ernst zu nehmen. Man bedenke nur einmal das sonst auf professionell gemachte Layout des PDF mit Logo, Kopfzeile und PDF-Formularfelder, als ob man schon das x‑te Grundstückgeschäft getätigt hätte.
Lächerlich.
Übung abgebrochen
Was Sie vorhin gelesen haben, erkläre ich Herrn X. in etwas komprimierter Form. Herrn X. fällt nun der Groschen runter. Er schreibt den Betrügern:
Von Illana Lasmann hört er nie mehr etwas.
Die nächste Phase
Was hat man als Betrüger davon, wenn man von sich aus (!) eine Konventionalstrafe resp. Aufwandentschädigung von 10% oder CHF 102’500.00 (!) in der selbsterstellten Kaufzusage einbaut? Vordergründig eigentlich ja nichts. Nur ist die Betrugsmasche hier noch nicht fertiggestrickt. Nun folgt nämlich der “Devisen-Swap-Trick”:
Die Kaufzusage wird zu irgendeinem späteren Zeitpunkt aus irgendeinem Grund zurückgenommen. Dann gaukelt man vor, es tue unglaublich leid und man wolle die Strafzahlung gem. Ziff. 3 des Reservationsvertrags begleichen, daran müsse sich nun wohl oder übel halten. Oder die Betrüger warten darauf, dass das Opfer nun den Reservationsvertrag studiert, den vermeintlichen Braten riecht und selber auf die Strafzahlung beharrt. Das Opfer befindet sich vermeintlich in einer Position der Stärke.
So oder anders: Geld ist natürlich kein Problem, man ist schliesslich eine reiche Juweliersfamilie. Und: Man ist ja per Zufall gerade in Italien. Herr X. wird in ein Hotel eingeladen und man trifft sich in einer Geschäftslokalität. Diskutiert wird dann aber weniger über die Strafzahlung als vielmehr über ein attraktives Tauschgeschäft von CHF nach EUR mit einem Geschäftspartner der vermeintlichen Juweliersfamilie. Das Opfer soll zuerst einmal nur wenige Tausend Franken bringen. Das klappt prima, das Opfer erhält einen stattlichen Eurobetrag und fasst Vertrauen. Die Strafzahlung wird auf einen späteren Termin verschoben.
Beim nächsten Treffen behaupten die Betrüger, es böte sich eine weitere Gelegenheit zu einem Tauschgeschäft, bevor man die geschuldeten CHF 100’000.00 übergebe. Dieses Mal ginge es um CHF 50’000.00, dann lohne sich das auch. Das sei sicher ein willkommener Zustupf an die Pension. Und das Beste: alles steuerfrei, dem Fiskus muss man ja nichts sagen! Danach würde dann gleich die Strafzahlung erfolgen und das Opfer könne wieder nach Hause und das Leben geniessen. Das Geld wird zur Übergabe an den Geschäftspartner kassiert, die “Juweliere” verschwinden auf Nimmerwiedersehen und das Opfer steht mit leeren Händen da.
Wenn die Betrüger in ihrem Opfer tatsächlich eine konspirative Geisteshaltung erzeugen können, dann erreichen sie, dass es den kommenden Instruktionen auch aufs Wort folgt. Selber hat man keinerlei Erfahrung, es lockt das grosse Geld und schliesslich ist es ja so abgemacht. Das Gehirn ist auf Autopilot geschalten.
Diese Phase hat Herr X. mit seinem trockenen Email gekonnt vorweggenommen und Illana in den Senkel gestellt. Ciao, Ciao Frau Lasmann.
Allgemeine Verhaltensmuster
Es gibt noch weitere Verhaltensmuster solcher Betrüger, die auch hier zugetroffen haben. Erinnern Sie sich an die Telefoniererei zwischen Illana und Herrn X.? Zwar bat Herr X. verschiedentlich darum, wegen dem Geschäft doch seinem Anwalt anzurufen. Dieser Wunsch wird aber konsequent ignoriert. Das würden richtige Käufer nie machen. Betrüger dagegen wollen nichts wissen von Juristen. Schon gar nicht von Anwälten. Telefonieren dagegen schafft Nähe und baut Vertrauen auf.
Hellhörig sollte man auch werden, wenn das Gegenüber doch eigentlich in Jerusalem oder sonst wo zu Hause ist, urplötzlich und ganz zufällig dann aber im nahen Ausland verweilt. Betrüger nutzen solche vorgegaukelten Umstände, um zeitlichen Druck aufzubauen. Plötzlich muss es schnell gehen, weil man nur noch ein paar Tage in der Nähe ist. Sie können sich die Geschichte selber ausmalen, wenn Herr X. auch noch in die Devisentausch-Phase reingezogen worden wäre.
Das war eine kleine Detektivstory rund um eine italienische Betrügerbande. Mit einschlägigen Recherchefähigkeiten lassen sich Betrügereien aufdecken. Dieses Mal ist gerade nochmals gut ausgegangen.
* Herr X. ist mir bekannt. Ob es sich dabei um einen Herrn oder eine Dame handelt, spielt keine Rolle. Alle übrigen Details haben sich so zugetragen, wie hier berichtet. Herr X. ist mit der Veröffentlichung dieser Umstände einverstanden. Er will damit ein Zeichen setzen und hofft, dass andere Betroffene solchen Betrügern gar nicht erst auf den Leim gehen.
Rechtsanwalt Roman Kost ist Spezialist für Informationssicherheit und Datenschutz. Als Anwalt vertritt er Sie unter anderem im Bereich des Hackerstrafrechts, sämtlichen Belangen der IT und der Informationssicherheit sowie des Datenschutzes.
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