Ein ganz wesentlicher Vorgang in Zivilprozessen ist das “substantiierte Bestreiten”. Es genügt nicht, einfach zu bestreiten. Auch ein “explizites” Bestreiten genügt nicht. Es muss eben “substantiiert bestritten” werden, d.h. die Bestreitung muss detailliert erfolgen. Es genügt auch nicht, eine gegnerische Tatsachenbehauptung zu bestreiten und in diesem Punkt einen Beweisantrag zu stellen.
Das Bundesgericht hält dazu in E . 4.2. von 4A_284/2017 fest:
3.3. Soweit sich die Beschwerdeführerin überhaupt zu den nach Auffassung der Vorinstanz ungenügend substanziierten Bestreitungen der Nachtragsrechnungen äussert, macht sie geltend, sie habe die Nachträge 2, 3, 6, 10, 14, 16, 19 und 22 explizit bestritten und zur Präzisierung der Beträge C.________ als Zeugen angerufen. Die Vorinstanz habe zwar anerkannt, dass explizite Bestreitungen vorlägen, die Bestreitung der Nachträge 3, 6, 10, 14, 16, 19 und 22 im Umfang von insgesamt Fr. 211’645.96 jedoch als zu pauschal “abgeschmettert”.
Damit erhebt sie keine genügende Rüge (vgl. E. 2 hiervor), denn sie setzt sich nicht mit der Begründung der Vorinstanz unter den einzelnen Positionen auseinander, wonach die Beschwerdegegnerin ihren Standpunkt im Detail begründet habe, was eine ebenso detaillierte Bestreitung der Beschwerdeführerin notwendig gemacht hätte. Dass sie mehr als lediglich “explizit” bestritten hat, behauptet sie selber nicht. Sie verkennt, dass ausdrücklich bestreiten nicht gleichzusetzen ist mit im Einzelnen (substanziiert) bestreiten. Ungenügende Tatsachenbehauptungen oder Bestreitungen können auch nicht ersetzt werden durch einen Beweisantrag. Insofern war der Hinweis auf eine Präzisierung durch den Zeugen C.________ oder andere Beweismittel unbehelflich, abgesehen davon, dass auch nicht mit Aktenhinweis (vgl. E. 2.2 hiervor) dargetan ist, wo der entsprechende Beweisantrag gestellt wurde. [Hervorhebungen eingefügt.]
Direktlink: Urteil 4A_284/2017 vom 22. Januar 2018 der I. zivilrechtliche Abteilung.
Bestreitungen können sogar in einem Beleg erfolgen, sie müssen aber zuvor in der Rechtsschrift klar und auf konkrete Sachverhalte bezogen in den Prozess eingeführt werden. Im Urteil 4A_281/2017 ebenfalls vom 22. Januar 2018 hält das Bundesgericht fest, dass eine Bestreitung in einem Beleg (was in E. 2.1 von der Vorinstanz nicht toleriert wurde) nicht per se unzulässig sei:
5.3. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz (vgl. E. 2.1 hiervor) folgt allein aus der Tatsache, dass sich nicht sämtliche Angaben in der Replik selbst befinden, sondern in den Replikbeilagen, auf die verwiesen wird, nicht zwingend, dass sie unbeachtlich wären und die Substanziierungsanforderungen nicht erfüllt sind. Werden Tatsachen in ihren wesentlichen Zügen oder Umrissen in einer Rechtsschrift behauptet (BGE 136 III 322 E. 3.4.2 S. 328; zit. Urteil 4A_591/2012 E. 2.1) und wird für Einzelheiten auf eine Beilage verwiesen, ist vielmehr zu prüfen, ob die Gegenpartei und das Gericht damit die notwendigen Informationen in einer Art erhalten, die eine Übernahme in die Rechtsschrift als blossen Leerlauf erscheinen lässt, oder ob der Verweis ungenügend ist, weil die nötigen Informationen in den Beilagen nicht eindeutig und vollständig enthalten sind oder aber daraus zusammengesucht werden müssten. Es genügt nicht, dass in den Beilagen die verlangten Informationen in irgendeiner Form vorhanden sind. Es muss auch ein problemloser Zugriff darauf gewährleistet sein, und es darf kein Interpretationsspielraum entstehen. Der entsprechende Verweis in der Rechtsschrift muss spezifisch ein bestimmtes Aktenstück nennen und aus dem Verweis muss selbst klar werden, welche Teile des Aktenstücks als Parteibehauptung gelten sollen (HURNI, a.a.O, N. 21 zu Art. 55 ZPO; SUTTER-SOMM/SCHRANK, a.a.O., N. 31 zu Art. 55 ZPO; je mit Hinweisen). Ein problemloser Zugriff ist gewährleistet, wenn eine Beilage selbsterklärend ist und genau die verlangten (beziehungsweise in der Rechtsschrift bezeichneten) Informationen enthält. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, kann ein Verweis nur genügen, wenn die Beilage in der Rechtsschrift derart konkretisiert und erläutert wird (vgl. zit. Urteil 4A_264/2015 E. 4.2.2), dass die Informationen ohne Weiteres zugänglich werden und nicht interpretiert und zusammengesucht werden müssen.
Direktlink: Urteil 4A_281/2017 vom 22. Januar 2018 der I. zivilrechtliche Abteilung.
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