Im Bei­trag vom 25.12.2017 habe ich bereits über die Qua­li­fi­ka­tion des Bun­des­ge­richts geschrie­ben, das die uner­laubte Benut­zung von Zugangs­da­ten für einen Dienst auf einem Konto als Hack­ing nach StGB 143bis qua­li­fi­zierte. Zen­tral war dabei, dass mit den­sel­ben Zugangs­da­ten auf ein ein­zi­ges Konto zuge­grif­fen wer­den konnte, die Abma­chung der Par­teien aber dahin­ge­hend war, dass nur ein Dienst (Google Ana­ly­tics) und nicht auch das Email­konto ange­schaut wer­den durfte.

Gemäss Bun­des­ge­richt war durch das Benut­zen des Email­kon­tos ent­ge­gen der Par­tei­ab­ma­chung der Tat­be­stand von StGB 143bis erfüllt. Mei­nes Erach­tens dage­gen nicht: Es fehlte schliess­lich an der beson­de­ren Siche­rung. Es lag damit nur eine Ver­trags­ver­let­zung vor aber kein straf­recht­lich rele­van­tes Ver­hal­ten. Man­gels Vor­brin­gen des Beschwer­de­füh­rers hatte das Bun­des­ge­richt dar­über letzt­lich nicht zu ent­schei­den, machte aber den­noch Aus­füh­run­gen zur Tat­be­stands­mäs­sig­keit nach StGB 143bis.

Die Staats­an­walt­schaft begrün­dete ihre Nicht­an­hand­nahme der Straf­an­zeige damit, dass der in der Anzeige dar­ge­legte Zugriff auf das Email-Konto und die Ver­wen­dung gewis­ser Emails ab die­sem Email-Konto in einem ande­ren Straf­ver­fah­ren gegen den Beschwer­de­füh­rer (der im bespro­che­nen 6B_615/2014 auch der Anzei­ge­stel­ler war) weder unter FMG 50 noch unter StGB 143bis (Hack­ing), StGB 179 (Ver­let­zung des Schrif­ten­ge­heim­nis­ses) oder 186 StGB (Haus­frie­dens­bruch) falle.

FMG 50 lautet:

Art. 50 Unbe­fug­tes Ver­wer­ten von Informationen
Wer mit einer Fern­mel­de­an­lage nicht­öf­fent­li­che Infor­ma­tio­nen emp­fängt, die nicht für sie oder ihn bestimmt sind und sie unbe­fugt ver­wen­det oder Drit­ten bekannt gibt, wird mit Frei­heits­strafe bis zu einem Jahr oder mit Geld­strafe bestraft.

Die Staats­an­walt führte gem. der Erwä­gung 3.2 des Bun­des­ge­richts aus: FMG 50, die Straf­norm nach Fern­mel­de­ge­setz für unbe­fug­tes Ver­wer­ten von Infor­ma­tio­nen, sei nicht erfüllt, weil der Zugriff auf das Email­konto zu einem Zeit­punkt erfolgt sei, als die ursprüng­li­che fern­mel­de­tech­ni­sche Über­tra­gung, d.h. das effek­tive Ver­sen­den und Emp­fan­gen der Emails, bereits abge­schlos­sen gewe­sen sei.

Beim ange­zeig­ten Ver­hal­ten stehe, so die Begrün­dung wei­ter, nicht eine fern­mel­de­tech­ni­sche Über­tra­gung an einen nicht bestim­mungs­ge­mäs­sen Emp­fän­ger im Sinne von FMG 50, son­dern ein allen­falls unbe­fug­ter Zugriff auf die ent­spre­chen­den Daten nach Abschluss der fern­mel­de­tech­ni­schen Über­tra­gung zur Dis­kus­sion. Der ent­spre­chende straf­recht­li­che Schutz werde durch StGB 143 (unbe­fugte Daten­be­schaf­fung) und StGB 143bis (unbe­fug­tes Ein­drin­gen) StGB gewähr­leis­tet. Diese Tat­be­stände seien jedoch nicht erfüllt, da der Beschwer­de­füh­rer der beschul­dig­ten Per­son frei­wil­lig die Zugangs­da­ten zum Email­konto mit­ge­teilt habe und die­ses Konto gegen den Zugriff der beschul­dig­ten Per­son damit nicht beson­ders gesi­chert im Sinne die­ser Bestim­mun­gen gewe­sen sei.

Der Auf­fas­sung der Staats­an­walt­schaft stimme ich zu. FMG 50 zieht nicht, da das betref­fende Email offen­bar schon im Mail­konto lag. Inter­es­sant ist hier noch die Tat­sa­che, dass das Email selbst­ver­ständ­lich in eine Fern­mel­de­an­lage über­tra­gen wurde, näm­lich auf den Com­pu­ter der beschul­dig­ten Per­son. Da die beschul­digte Per­son aber im Besitz der Zugang­sa­ten war, kann man die ent­spre­chende Daten­über­tra­gung in die­sem Sinne ver­mut­lich auch als öffent­lich – zumin­dest im Sinne einer Par­tei­öf­fent­lich­keit – auffassen.

Auch die Ein­schät­zung der Staats­an­walt­schaft zur feh­len­den Tat­be­stands­mäs­sig­keit von StGB 143bis ist zutref­fend. Wer jeman­dem das Pass­wort zu einem Account gibt, von dem aus sich eine Mehr­heit von ver­schie­de­nen Diens­ten (in casu ein Email­dienst und ein Sta­tis­tik­dienst) errei­chen lässt und ver­trag­lich bestimmt, dass nur der eine (hier der Sta­tis­tik­dienst) benutzt wer­den darf, wird nicht nach StGB 143bis davor geschützt, dass sein Ver­trags­part­ner dann doch uner­laubt auch den ande­ren Dienst benutzt. StGB 143bis setzt nach kla­rem Wort­laut das Über­win­den einer beson­de­ren Siche­rung voraus.