Wenn bei beschul­dig­ten Per­so­nen nach einem Straf­ver­fah­ren bei­spiels­weise wegen ver­bo­te­ner Por­no­gra­fie (StGB 197) durch das Gericht ein Urteil zu fäl­len ist, gibt nicht nur der Frei­spruch oder die Strafe zum Den­ken Anlass, son­dern auch der Umgang mit den beschlag­nahm­ten Datenträgern.

Man könnte mei­nen, diese pro­zes­suale Frage sei direkt in der StPO gere­gelt. Über die wesent­li­che Grund­lage zur Ein­zie­hung von beschlag­nahm­ten Daten­trä­gern äus­sert sich aber das StGB und zwar wie folgt:

Art. 69 Ein­zie­hung. / a. Sicherungseinziehung
1 Das Gericht ver­fügt ohne Rück­sicht auf die Straf­bar­keit einer bestimm­ten Per­son die Ein­zie­hung von Gegen­stän­den, die zur Bege­hung einer Straf­tat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straf­tat her­vor­ge­bracht wor­den sind, wenn diese Gegen­stände die Sicher­heit von Men­schen, die Sitt­lich­keit oder die öffent­li­che Ord­nung gefährden.
2 Das Gericht kann anord­nen, dass die ein­ge­zo­ge­nen Gegen­stände unbrauch­bar gemacht oder ver­nich­tet werden.

In der StPO fin­den sich dann an ver­schie­de­ner Stelle wei­tere Detail­re­ge­lun­gen, wie StPO 267, nach wel­chem grund­sätz­lich über die beschlag­nahm­ten Gegen­stände zu ent­schei­den ist, StPO 320, der auch bei einer Ein­stel­lung die Ein­zie­hung unter gewis­sen Vor­aus­set­zun­gen erlaubt oder StPO 376 ff. zum selb­stän­di­gen Einziehungsverfahren.

Gegen­stände, die keine ver­bo­te­nen Daten ent­hal­ten, sind der beschul­dig­ten Per­son an sich umge­hend her­aus­zu­ge­ben (StPO 267.I resp. III). Viel­fach set­zen die Gerichte aber die Her­aus­gabe mit Rechts­kraft des Urteils fest. Ob dies Rech­tens ist, erschliesst sich mir im Augen­blick nicht. Das Abwar­ten der Rechts­kraft dient klar der Rechts­si­cher­heit, nament­lich für die mit der Her­aus­gabe beauf­tragte Dienst­stelle. Auf der ande­ren Seite sind Zwangs­mass­nah­men sofort auf­zu­he­ben, wenn deren Grund­lage entfällt.

Wenn nun also bei einer beschul­dig­ten Per­son Daten­trä­ger beschlag­nahmt wur­den und nach einem Schuld­spruch über Ein­zie­hung resp. Her­aus­gabe zu ent­schei­den ist, stellt sich die Frage, ob der ganze Daten­trä­ger ein­zu­zie­hen und zu ver­nich­ten ist, auch wenn sich dar­auf nur eine ein­zige ver­pönte Datei befin­det. Oder exis­tie­ren andere Massnahmen?

Im Falle eines Schuld­spruchs liegt diese Frage auf der Hand; bei einem Frei­spruch weni­ger, sie stellt sich aber auch hier. Ein Frei­spruch ist trotz vor­han­de­ner ver­bo­te­ner Dateien zB dann mög­lich, wenn beweis­recht­li­che Män­gel vor­lie­gen und die (in die­sem Sinne) “angeb­lich” gefun­de­nen Dateien nicht ver­wer­tet wer­den dür­fen. In einem sol­chen Fall hat es auf den asser­vier­ten Gegen­stän­den auch bei einem Frei­spruch ver­bo­tene Dateien, die man der beschul­dig­ten Per­son nicht retour­nie­ren darf (vgl. StGB 69.I). Schliess­lich ist gerade der Besitz an die­sen Dateien straf­bar. Auch bei Frei­sprü­chen ist die Frage von Ein­zie­hun­gen nicht vom Tisch.

Die StPO liesse neben der Ein­zie­hung die Ver­wer­tung des beschlag­nahm­ten Daten­trä­gers zu. In die­sem Zusam­men­hang habe ich auf Schwei­zer Auk­ti­ons­platt­for­men sogar schon Daten­trä­ger erstei­gern kön­nen, die samt Daten­über­res­ten ver­mut­lich zur Deckung der Ver­fah­rens­kos­ten ver­kauft wur­den. Die Behörde hatte den Daten­trä­ger ein­ge­steckt und nur mit einem Drü­cken der Delete-Taste die Dateien gelöscht. Das war natür­lich völ­lig unge­nü­gend, da man mit den ent­spre­chen­den Foren­sik­tools pro­blem­los die alten Daten­be­stände wie­der­her­stel­len konnte, soweit sie nicht über­schrie­ben wur­den. Im kon­kre­ten Fall wur­den zwar keine ver­bo­te­nen Dateien gefun­den, dafür aber andere fall­re­le­vante Dateien, die in die­ser Art nicht zugäng­lich sein dürfen.

Warum stellt sich die Frage über­haupt, ob es neben der Ver­nich­tung des Daten­trä­gers noch andere Mög­lich­kei­ten gibt? Das Eigen­tum ist bekannt­lich dank BV 26 garan­tiert. Ein­schrän­kun­gen die­ses Grund­rechts haben den Vor­ga­ben von BV 36 Stand zu hal­ten. Mit einer Ein­zie­hung ver­bun­den ist die Ver­nich­tung des Daten­trä­gers. Wenn auf dem Daten­trä­ger aber nur eine ein­zige inkri­mi­nierte Datei vor­han­den ist, erge­ben sich Fra­gen nach der Ver­hält­nis­mäs­sig­keit die­ser Ein­zie­hung (BV 36.III).

Mit der Ein­zie­hung wird die ver­bo­tene Datei ver­nich­tet. Die Ein­zie­hung ist also zweck­taug­lich, das steht aus­ser Frage. Die Ver­hält­nis­mäs­sig­keit setzt aber auch vor­aus, dass das Sub­si­dia­ri­täts­prin­zip ein­ge­hal­ten wird. Die Ver­nich­tung des gan­zen Daten­trä­gers ist dann nicht erlaubt, wenn es mil­dere Mit­tel gibt. So las­sen sich ein­zelne Dateien gezielt löschen, ohne dass der ganze Daten­trä­ger ver­nich­tet wer­den muss (wiping). Wenn sich die Gerichte die­ser mil­de­ren Mit­tel bewusst sind – und nicht alle sind es sich – erwä­gen sie, dass “die ver­bo­tene Datei mit pro­fes­sio­nel­len Infor­ma­tik­mit­teln gelöscht und die Fest­platte anschlies­send dem Beschul­dig­ten aus­ge­hän­digt wird”.

Das ist die ein­zig rich­tige Lösung aus juris­ti­scher Sicht.

Der Auf­wand ist gering, aber nur dann, wenn man von der Arbeits­zeit des invol­vier­ten Poli­zis­ten mal absieht: Die­ser hat den Daten­trä­ger aus dem Archiv zu holen, ihn in einem Sys­tem zu instal­lie­ren, die ein­schlä­gige Datei zu loka­li­sie­ren und zu wipen, den Wipe­vor­gang zu veri­fi­zie­ren, den Daten­trä­ger aus­zu­bauen und die betrof­fene Per­son für einen Ter­min auf­zu­bie­ten. Da ist schnell eine Stunde vergangen.

Es fragt sich, ob die betrof­fe­nen Per­so­nen am Ende des Pro­zes­ses (der ohne Wei­te­res zwei Jahre und mehr dau­ern kann), noch ein Inter­esse an den Daten­trä­gern haben. Viel­leicht wäre es sinn­voll, die betrof­fe­nen Per­so­nen vor Urteils­fäl­lung zu fra­gen, ob sie die Daten­trä­ger nach Abschluss des Ver­fah­rens über­haupt noch zurück wollen.